Freitag, 12. April 2024

Mein Hoffnungsbaum

Seid ihr auch gerade am Staunen über den Frühling? So sehr wie ich den Herbst liebe - auf eine melancholisch glückliche Art - der Frühling ist so voller Hoffnung auf Leben und trotziger Neuanfänge. Er bringt die Farben nach dem dunklen Winter, das Brummen der dicken Hummeln, die warmen Sonnenstrahlen und den herrlichen Duft vom ersten frischgemähten Gras.

Bei aller Schönheit an unserem Ort gibt es einen Baum über den ich jedes Jahr wieder neu staune. Es ist ein kleiner Apfelbaum, der ziemlich unauffällig am Wegrand steht.


 Erst wenn man näher hinschaut entdeckt man, dass er etwas ganz besonderes ist:

 

Sein Inneres ist fast völlig ausgehöhlt! Jedes Jahr stehe ich mit Heio staunend vor diesem Baum und kann nicht fassen, dass er wieder in voller Blüte steht. Und in jedem (!) Herbst hängen viele kleine Äpfel an ihm. Leider werden sie nicht geerntet, aber ich nehme sie ab und zu beim Vorbeilaufen mit, nachdem sie ins Gras gefallen sind. Und in diesem Herbst möchte ich endlich Apfelmus daraus machen und es an Menschen verteilen, die Hoffnung für ihr Leben nötig haben. Aufs Glas werde ich ein Foto vom Baum kleben und ich wünsche mir, dass dieser trotzige kleine Apfelbaum dem anderen auch so viel Hoffnung macht wie mir.  Jedes Mal wenn ich müde und erschöpft an ihm vorbeikomme, muß ich bei seinem Anblick lächeln!  Er sagt mir:  Egal in welchen Zustand du bist, egal wie ausgehöhlt und müde sich dein Inneres gerade anfühlt - du wirst trotzdem weiter Jahr für Jahr blühen und zur bestimmten Zeit deine Früchte tragen. 

Der Baum flüstert mir auch zu, dass wir an den Früchten aus dem Leben von alten, tapferen Menschen besser nicht achtlos vorbeigehen sollten. Vielleicht ist das eine Sache, die mit der modernen Technik gekommen ist: Wo alte Menschen früher um Rat gefragt wurden und ihre Lebenserfahrung geehrt wurde, fühlen sich heute viele von ihnen einfach nur abgehängt und als Last für die Jüngeren. Wir befragen lieber schnell Google und Co. anstatt bei ihnen anzurufen oder ihnen bei einer Tasse Kaffee eine Weile zuzuhören. Aber mein bestes Apfelkucherezept habe ich nicht aus dem Internet, sondern von meiner Mutter bekommen! Heute wünschte ich, dass ich mehr nachgefragt hätte und hingehört - bei meiner Mutter, meinem Vater und bei meiner Oma. Deshalb freue ich mich umso mehr über die (leider nicht sehr häufige) Begegnungen mit alten Menschen, die mir in so vielem voraus sind.  Ihre Geschichten und die Früchte ihres Lebens, geben mir Hoffnung. 

Und der Baum erinnert mich an das, was der Pastor Rick Warren in einer sehr schmerzhaften Zeit sagte, nachdem sein jüngster Sohn sich nach einer langen seelischen Erkankung das Leben genommen hat (etwas vom schlimmsten was man sich als Eltern nur vorstellen kann). In einem Interview erzählt er, dass er damals diesen Satz, mit Blick auf das Leben seines Sohnes, in sein Tagebuch geschrieben hat:  

In God's garden of grace, even broken trees bear fruit. 

(In Gottes Garten der Gnade tragen sogar zerbrochenen Bäume Früchte).

Und er fügt hinzu: 

And we are all broken. God only uses broken people.  

(Und wir sind alle zerbrochen. Gott verwendet nur gebrochene Menschen.)


DAS erfüllt mich mit großer Hoffnung. Für mich. Für meine Familie. Für meine Freunde. Für meine Gemeinde. Für unser ganze Welt.

 


Mittwoch, 3. April 2024

Zurück nach Hause

Ich hoffe ihr hattet gute Feiertage! Bei uns war es ziemlich trubelig - nicht mal ein Ostergruß hat es in diesem Jahr auf den Blog geschafft! Langsam kehrt wieder Alltag ein. Wäsche waschen, Kind am Bahnhof verabschiedet (er darf noch zwei Tage mit der Tante nach Freiburg) und dort weiterschreiben, wo ich vor Ostern aufgehört habe. 

Davor habe ich nochmal in der Ostergeschichte gelesen, wie Petrus und Johannes zum Grabe gelaufen sind, wie sie es leer vorfanden und: 

dann gingen sie nach Hause zurück. (Johannes20,10).
Über diesen Satz bin ich heute morgen gestolpert. Er ist so profan, mitten in dieser aufregenden Geschichte.  Nach dem Schrecken und dem Schmerz von Gethsemane und Golgatha, nach dem Wettlauf zum Grab und dem fehlenden Leichnam, innerlich wahrscheinlich noch ganz hin und hergerissen zwischen Glaube und Verzagtheit, gingen sie einfach nach Hause zurück. Ob Johannes dort erstmal eine Ladung Wäsche bei Maria abgegeben hat? Ob er gemeinsam mit Petrus die Emmausjünger  nach Hause verabschiedet hat, um dann an seinem Bericht über die vergangene Tage weiterzuschreiben? Wir wissen es nicht. Wir wissen nur: nach den vielen aufregenden Tagen, gingen die Jünger einfach zurück nach Hause, wo auch immer dieser Ort für sie in Jerusalem war. 

Das erinnert mich an die Geschichte von Herr der Ringe. In der Fastenzeit haben Heio und ich es endlich geschafft alle Folgen anzuschauen; mit über 20 Jahren Verspätung! (Erstaunlich wie viel Zeit man plötzlich hat, wenn keine WhatsApp-Nachrichten zu beantworten sind ;-)). Ich fand den Film toll - wenn auch viele Abschnitte ziemlich schrecklich waren. Andere waren dafür ganz wunderbar. Langsam verstehe ich, dass es beides braucht, wenn es eine gute Geschichte sein soll.  Aber das Ende - ach, das war richtig gut! Und das ist schließlich das Wichtigste, finde ich. Nur der Abschied von den zwei besten Freunden Frodo und Sam war tränenreich. Frodo, dessen Wunde nicht mehr verheilen konnte, durfte mit dem weisen Gandalf in den Sonnenuntergang segeln, während sein Freund zurückblieb. Die Abschiedsworte von Frodo haben bei mir die Tränen fließen lassen. Er antwortete auf Sams Bitte, ob er nicht auch mitkommen könnte:

"Nein, Sam. Jedenfalls jetzt noch nicht. Sei nicht traurig! Du kannst nicht ewig entzweigerissen sein. Du wirst noch viele Jahre lang heil und ganz bleiben müssen. Du hast noch so viel Freude vor dir, du bist und tust noch so vieles!"

Und er drückt ihm das Buch seiner Abenteuer in die Hand mit den Worten: 

"Die letzten Seiten sind für dich!"  

Und dann ging auch Sam zurück nach Hause. Dort setzt er sich an den Tisch und sagt einfach

So, da bin ich wieder. 

So endet diese große Geschichte. Und sie endet eben doch nicht. Weil Sam noch einige Seiten vor sich hat. Für ihn beginnt ein neues Kapitel mit den schlichten Worten: "So, da bin ich wieder."

Vielleicht geht es euch ähnlich wie mir und ihr seid auch manchmal ganz entzweigerissen, zwischen all dem wovon wir Abschied nehmen mussten und dem was uns noch anvertraut ist. Und wir kehren zurück in unseren gewöhnlichen Alltag, hin und her gerissen zwischen Glauben und Verzagtheit und der Hoffnung im Herz, dass am Ende doch  alles gut werden möge. Und alles was wir heute tun können ist die Dinge in die Hand nehmen, die Zuhause liegengeblieben sind, mit den Worten: "So, da bin ich wieder."

Wie es für Sam weiterging weiß ich nicht. Aber die Jünger hatten definitiv noch einiges an Freude vor sich. Und einiges was sie auf dem Weg heil und ganz machen würde.  Diese Oster-Hoffnung will ich mitnehmen. Und wenn du sie auch brauchen kannst, dann drücke ich sie dir hiermit in die Hände: 

Du hast noch viel Freude vor dir. Du bist und tust noch so vieles!

Die Geschichte ist noch nicht vorbei. 

 


 

Donnerstag, 14. März 2024

kleine Aufmerksamkeiten

Wir sind immer noch mitten in der Fastenzeit. Ich nutze die Vormittage zum Schreiben. Aus der Buchidee in meinem Kopf werden Gedanken und Geschichten, die sich langsam auf dem Bildschirm aneinanderreihen. Manchmal stockt es auch und ich fürchte, dass mir die Worte ausgehen. Dann laufe ich spazieren, koche Essen, beseitige das Chaos im Haus und Garten (zumindest teilweise:-)) und tue so als wäre mir das Schreiben völlig egal. Aber ich bleibe aufmerksam. Und nach einiger Zeit lassen sich ein paar gute Gedanken in der Nähe nieder, wie scheue Kaninchen, die man mir etwas Geduld im richtigen Moment am Fell packen kann. Dann zappelt es wieder in meinen Gehirnwindungen und ich schreibe glücklich weiter.

Mein Handy bleibt erstaunlich ruhig - dank der gelöschten WhatsApp. Es tut mir gut, nicht ständig danach zu greifen (an manchen Tagen vergesse ich es fast ganz). Anstatt kurze Nachrichten und Kommentare hin und her zu schicken haben andere Dinge Platz. Ich rufe abends eine Freundin an, oder ich schreibe ganz old-school einen Brief oder eine Geburtstagskarte. Und ich habe auch schon zwei Briefe bekommen. Ich LIEBE es Post zu bekommen!  War für eine Wertschätzung, dass da jemand für mich Worte formuliert und mit Porto versehen zur Post getragen hat! Außerdem habe ich mehr Zeit mich ausgiebig mit Heio zu streiten und mich mit meinem Kind auseinanderzusetzen.

Ich lerne ein wenig mehr da zu sein. In meinem so ganz gewöhnlichen und kleinen Leben. Und dabei auch die schwierigen Gefühle auszuhalten. Wie Einsamkeit oder Leere. Mir hilft der Gedanke, dass sie ebenso zu unserem Menschsein dazu gehören wie Freude und Glück.

Gestern sagte mir eine Freundin, der es gerade nicht so gut geht, dass sie dankbar dafür ist, dass wir im Kirchenjahr 40 Tage für die Trauer und das Klagen haben. Das sind gleich mehrere Wochen und nicht nur ein paar Tage, nach denen wir uns bitteschön auch wieder zusammenreißen sollten. Es ist ein Weg, den wir gehen. Wir nehmen die Menschen die neben uns sind an der Hand. Wir machen kleine Schritte. Wir treiben niemanden an. Wir sind gemeinsam unterwegs. Wir lassen kleine Aufmerksamkeiten und gute Worte fallen, wie Samen auf dunklen Boden. Wir stecken uns gegenseitig kleine Mutmach-Zettel in die Taschen. Vielleicht für heute dieser Satz, von dem fleissigen Briefeschreiber Henri Nouwen:

Behalte in dir einen Raum, in dem Gott etwas völlig neues tun kann.






Dienstag, 27. Februar 2024

Ein Wort zum Untertauchen

Auch wenn es etwas verspätet ist: ich will gerne noch mein Jahreswort mit euch teilen. Es hat mich schon im letzten Jahr gefunden und ich wusste sofort: Das nehme ich mit ins Jahr 2024! Es ist das englische Wort (das im deutschen nur umschrieben werden kann) Yield.  

Man kann es mit sich hingeben, sich ganz überlassen oder: sich jemand übergeben übersetzen. 
Vorrausetzung dafür ist das Loslassen. Kontrolle abgeben. Anerkennen wie wenig wir letztlich im Griff haben (neulich habe ich gelesen, dass wir höchstens 15% unseres Lebens beeinflussen können, was wirklich nicht viel ist und eine gute Erinnerung für uns Menschen, die denken alles liegt in unserer Hand!). 
Interessanterweise fängt das geistliche Leben für viele mit einem Übergabegebet an. Oder auch mit dem Eintauchen bei der Taufe.  In dem Zusammenhang muss ich an eine Legende über die Kreuzritter denken: Man sagte, dass sie bei ihrer Taufe ihr Schwert aus dem Wasser streckten, um zu zeigen: Gott, ich gebe dir alles, aber DAS NICHT! Nicht das Kämpfen und den Ruhm der Erfolge.  YIELD beschreibt dagegen einen Menschen, der sich ganz eintauchen lässt, der sich hingibt, ohne Vorbehalte. 

Mich hat das Bild sehr angesprochen. Und ich hab mich gefragt was ich denn so "aus dem Wasser halte". Was ist meine Sache, bei der ich sage: Jesus, alles - bloß das nicht!

Da ist mein Harmoniebedürfnis. Und ich merke immer mehr: Ich will den Gedanken loslassen, dass ich äußeren Frieden brauche, um inneren Frieden zu haben! Ich lerne das durch die Menschen, die sich meinen "Beschwichtigungsversuchen" (meine Art Kontrolle zu übernehmen) völlig entziehen. Ein schwieriger Mensch in der Familie oder Nachbarschaft könnte sich dabei durchaus als hilfreich erweisen;-)

Und ich bin gerade auch wirklich herausgefordert mit meinem Älterwerden. Etwas was ich auch nicht kontrollieren kann, sondern annehmen muss. Wie wir alle. Nur bin ich meinem Freundeskreis hier weit voraus (die meisten liegen abgeschlagen mindestens 10 Jahre zurück!). Im Moment habe ich den Eindruck, dass mich jeden Morgen mein Spiegelbild mit neuen Tatsachen konfrontiert, die ich nur schwer annehmen kann (seit wann habe ich denn dieses schlaff hängende Kinn? Verwandle ich mich nun in einen Truthahn? Oh Jesus, hilft mir!). 

Ich ahne, dass mein Jahreswort eine ziemliche Herausforderung für mich wird. Manches könnte schmerzhaft werden, aber am Ende hat es auch etwas sehr Befreiendes, wenn  ich mich einfach ganz in Gottes Liebe eintauchen lasse, ohne an irgendeiner Sache krampfhaft festzuhalten. Mich dem Gott anvertrauen, der es so gut mit mir meint. Loslassen was ich sowieso nicht kontrollieren kann. Die Harmonie sausen lassen. Meinen Blick heilen lassen. Und immer wieder aufs Neue Frieden in Gottes Nähe finden.




so be it.

Donnerstag, 15. Februar 2024

Fastenzeit

Gestern hat die Fastenzeit begonnen. Auch Passionszeit genannt. Meine Weggefährtin Anne hat in ihrem neuen Blogeintrag so gut darüber geschrieben:

Was ich an der Fastenzeit liebe, ist dass sie mitten im grau trüben Februar und März mein Herz auf Ostern vorbereitet. Ich leere meine Hand und strecke sie Jesus hin, damit er sie füllt. 

Das will ich auch: meine Hände Jesus hinstrecken. Und ich will auch das Fasten versuchen. In diesem Jahr lösche ich mal mutig meinen WhatsApp-Account für 40 Tage und versuche auf den Kaffee am Morgen zu verzichten. Beides wird mir gleich schwer fallen. Als ich heute morgen mit schmerzendem Kopf vor meiner Tasse Tee saß und keine ermutigende WhatsApp-Nachricht auf mich wartete hatte ich das dumpfe Gefühl, dass ich mich vom Leben abgeschnitten habe. 40 lange Tage! (meinem inneren Mathe-Genie wurde erst jetzt klar, dass das ja länger als 4 Wochen ist!). Wozu das alles?, frage ich mich.  Damit du in Freiheit leben kannst, flüstert es in mir. Und damit du erkennst, was wirklich nötig ist im Leben. Es ist nicht Coffee&Jesus (und hoffentlich auch nicht Kopfweh&Jesus!) - es ist Jesus. Es ist nicht connecten und Daumen hoch und Herzchen verteilen - es ist Beziehung. Lieben lernen was ich in Armeslänge habe. Und es sind nicht die bearbeiteten Bilder auf dem Display sondern der kommende Frühling vor meiner Haustüre, den ich nicht verpassen will. Das ganze Leben, das sich in den nächsten Wochen wieder ausbreiten wird, wo jetzt noch alles traurig und trist ist. Und am Ende der 40 Tage wartet das Osterfrühstück mit einer großen Schale Kaffee. Und dem Jubelruf: Jesus ist auferstanden! (das wird dann gleich mein neues Status-Foto :-)). Aber davor 40 Tage. Für die ich Gottes Gnade brauche...

Ich weiß nicht ob du auch auf etwas bewusst verzichtest oder ob du schon mit einem Verlust in der Passionszeit ankommst. Mit einer Leerstelle wo eigentlich Leben sein sollte.  Oder vielleicht fällt dir etwas richtig schwer im Blick auf die nächsten Wochen und du sorgst dich ob die Kraft dafür reicht. Vielleicht hast du einfach Sehnsucht nach der nächsten Jahreszeit, dass Leben aufbricht, wo im Moment alles traurig und trist ist.

Dann lass uns zusammen gehen. Gemeinsam mit Jesus. Der seinen schweren Weg nach Jerusalem antrat. Damit Frühling wird.





Dienstag, 30. Januar 2024

Von ChatGPT und anderen Abkürzungen

Ich schreibe wieder! Nicht nur hier auf dem Blog sondern seit Anfang des Jahres auch an einem neuen Buch. Ich hab mich total darauf gefreut. Das Thema kitzelt mir schon länger in den Fingerspitzen. Endlich kann ich loslegen und schreiben und schreiben... dachte ich. Aber ich habe vergessen wie schwierig aller Anfang ist. Auch nach vier Büchern ringe ich wieder damit "meine Stimme" zu finden. Ich denke ich sollte dieses Mal lustiger schreiben. Ein bisschen mehr wie Donald Miller in "Blue like Jazz." Oder tiefer und klüger. Wie Esther Maria Magnis. Ich versuche es. Merke schon beim Aufschreiben, dass es mir nicht gelingt. Vielleicht würde es helfen, wenn ich ein Mann und Amerikaner wäre, um wie Donald Miller schreiben zu können. Oder wenn ich den Intellekt und die Lebenswunden von Esther Maria Magnis hätte, um so tief und dicht schreiben zu können. (manchmal bin ich dann doch froh, dass ich nicht so tief schreiben kann). Also nochmal von vorne. Inzwischen sind schon vier Wochen um und die Zeit läuft mir davon. Ich schnauze meinen Mann an und bin genervt mit meinem Kind und überlege schon alles wieder abzusagen. Und endlich, als ich nach einem langen mühevollen Vormittag alle Worte wieder gelöscht habe, platzt der Knoten! Ich finde "meine Stimme" wieder und schreibe überglücklich und selbstvergessen bis mir der Rücken wehtut. Ich weiß wieder: Ich muss nicht lustiger und klüger sein, so wie es ist, ist es gut. Ach, hätte mir das nicht schon vor vier Wochen einfallen können? Das hätte mir und meinen Lieben viel Stress erspart! 
 
Vor einiger Zeit hat der Musiker Nick Cave sich in einem Brief zu ChatGPT geäußert. Zur der Leichtigkeit mit der diese künstliche Intelligenz Texte für dich erstellen kann. Sogar poetische Gedichte. Songtexte. Alles was du willst. Ich habe es zwar noch nicht ausprobiert aber die zwei Wochen vor dem Computer, die hätte ich mir sicher damit sparen können.  Keine verschwendete Zeit. Kein Ringen um Worte.  Es ist das Angebot einer bequemen Abkürzung. Aber so verlockend sie uns auch vorkommt, sie ist in den meisten Fällen so unsinnig wie  einen asphaltierter Weg nach links zu nehmen wenn wir doch wissen, dass wir den matschigen Weg nach rechts einschlagen müssen. Das Leben ist der matschige Weg. Das Ringen, so betont Nick Cave, gehört immer dazu! Das Durchkämpfen durch die Selbstzweifel, die Suche nach dem eigenen Weg - alles das gehört (leider) für mich immer wieder dazu. Und nachdem ich mich schimpfend  die ersten hundert Meter durchs Dickicht gekämpft habe und die durchweichten Socken ausziehe, entdecke ich den schönen kleinen Waldweg auf dem ich mit federnden Schritten laufen kann.
 


 


Vielleicht ist deine Wegstrecke gerade auch ein wenig matschig. Vielleicht steht dir eine verlockende Abkürzung vor Augen, die aber leider nicht zielführend ist. Dann wünsche ich dir, dass du Frieden findest. Mit dem Ringen. Und den Zweifeln. Und den kalten Füßen. Nur weil es sich gerade schwer anfühlt heißt es nicht, dass du auf dem falschen Weg bist. 

In gewisser Weise schreiben wir ja alle an  unseren Geschichten. Mutmachgeschichten, die wir einander an den Lagerplätzen auf dem Weg erzählen können. Ich fand es so wunderschön was Daniela Helfrich dazu geschrieben hat:
 Gefährten
Wahre Geschichten, die einer wirklich durchlebt hat, rutschen mir tiefer ins Herz.
Meine Seele hält plötzlich Händchen mit einem Vertrauten.
Meine Tränen werden von einem Taschentuch aus fremder Hosentasche getrocknet.
Die Neugier fragt keck: "Wenn der das kann, warum solltest du es nicht können?
Unsichere Schritte sehen auf einmal Fußspuren. HIer ist tatsächlich schon mal einer unterwegs gewesen.
Der Mut springt auf, legt sich den Heldenmantel um und lässt die Muskeln spielen.
Satt reibt sich der Glaube den Bauch, als hätte der andere mir einen Proviantkorb für unterwegs gepackt. 
Und die Hoffnung stellt sich ans Ende und schreit durch den Tunnel: "Hier ist tatsächlich Licht!"
 
aus: Von Tagträumern & anderen Gläubigen
 
ChatGPT kann keine wahren und durchlebten Geschichten erzählen. Das können nur wir. Mit unseren eigenen Stimmen. Nachdem wir uns durch den Matsch gekämpft haben. Ohne Abkürzung. Das müssen keine ausgefeilten Geschichten sein. Auch keine großen Abenteuer. Aber wir können einander Mut machen. Gefährten sein. Auf dem Heimweg. 
 


 
Bis zu meiner Manuskriptabgabe im Sommer werde ich meine Blogbeiträge etwas reduzieren und mich hier nur alle zwei -drei Wochen kurz melden. Vielleicht stecke ich auch mal im Matsch und es dauert noch etwas länger.  Aber ich hoffe, dass dabei Mutmachgeschichten entstehen, die ich im nächsten Frühjahr mit euch teilen kann. Gern könnt ihr auch den Blogbeitrag in euer E-Mailfach bekommen, dann wisst ihr immer wann es hier weitergeht. Einfach eine kurze Nachricht an chris.f@freenet.de

Und hier noch eine herzliche Einladung zu einem sonntäglichen  Rastplatz am 17.2. in  Reichelsheim: 
 

 

Dienstag, 16. Januar 2024

Augen auf

Gestern Abend konnte ich lange nicht einschlafen. Hellwach lag ich neben dem friedlich schlafenden Mann. Vielleicht waren es die Hormone oder die Freude über den unerwarteten Schneefall am Nachmittag. Jedenfalls habe ich irgendwann aufgegeben und eins meiner Lieblingsbücher geholt: Wenn Stille eine Sprache wäre, von Tomas Sjödin (ja, der schon wieder:-)). Ich las darin von der Schönheit der Eisvögel und das erinnerte mich daran, dass wir neulich so einen winzigen Vogel entdeckt haben. Meine Schwägerin hat uns beim Spazierengehen auf ihn aufmerksam gemacht. Ich hätte ihn sonst übersehen. Hätte ehrlichgesagt auch nicht gedacht, dass es Eisvögel in Deutschland gibt. Aber da war er!  Hüpfte hin und her und flatterte dann, mit blau leuchtendem Gefieder, über das Bachbett. Wunderschön war das. Wir standen für einen Moment ganz still am Bachufer und staunten. 
Sjödin schreibt, dass es zwei "Gebetschulen" gibt: Die eine lehrt uns den Weg nach innen. Sie sagt: Schließ die Augen. Begib dich in deinen inneren Raum. Weg von aller Ablenkung und dem Lärm. Werde still. Nimm wahr, dass Gott da ist. In deinem Inneren sollst du Gott umfangen, schreibt Johannes vom Kreuz. Die zweite Gebetschule sagt uns: Schau hin! Öffne deine Augen! Schau die Vögel am Himmel an und die Lilien auf dem Feld!
Sjödin betont: Es geht nicht um ein entweder oder sondern:
Immer ist es derselbe Gott, der sich uns offenbart, ob in der Natur oder im verborgenen Raum hinter verschlossenen Türen... und wer sich entscheidet, die Stille im Wald oder am Meer zu suchen, bereichert die Stunden hinter "verschlossenen Türen" enorm. Und andersherum: Zeit in der Stille, in der Kontemplation vor Gottes Angesicht, übt uns darin, die uns umgebende Natur mit anderen Augen und Ohren wahrzunehmen. 
In der Frömmigkeit meiner Kindheit habe ich gelernt beim Beten die Augen zu schließen. Den Weg nach innen zu gehen. Ich besuche diese "Schule" immer noch (bin gefühlt erst an den Anfangslektionen!). Ich versuche die verborgenen Zeiten mit Gott zu pflegen, weil sie der Lebensatem für meine Seele sind. Aber in den letzten Jahren (und nicht zuletzt durch das Schreiben auf diesem Blog) lerne ich immer mehr, beim Beten meine Augen weit zu öffnen. Ich finde Gott am Bach, unter Bäume und auf dem schneebedeckten Feld. Als ich heute morgen müde, durch die kurze Nacht, durch die Winterlandschaft gestapft bin, sind  ein paar Rehe aus dem Dickicht gebrochen und über das freie Feld gejagt. Ich stand staunend und mit klopfendem Herzen da.
 
 
 

Irgendwo habe ich gelesen, dass der Anfang der Anbetung das Staunen ist. Das Betrachten. Das Wahrnehmen. Es ist nichts unwichtiges!  Und so wie es einen Künstler ehrt, wenn wir aufmerksam seine Gemälde betrachten so ehrt es Gott, wenn wir aufmerksam sind. Alice Walker drückt es ein wenig anders aus:
I think it pisses God off if you walk by the color purple in a field somewhere and don`t notice it! 
Das finde ich klasse. Ich glaube zwar nicht, dass Gott genervt ist, wenn wir achtlos an den Schönheiten vorbeilaufen, aber dass er sich freut wann immer wir sie wahrnehmen, das glaube ich! Auch weil er weiß, dass es unser Herz mit Freude füllt!
 
Am vergangenen Sonntag wären wir fast an so einer Schönheit im Auto vorbeigedüst: Ein zugefrorener See, mitten im Wald! Ich konnte es kaum fassen! Sogar der Sohn staunte, der bis zu diesem Moment schimpfend auf der Rückbank saß (weil die Mutter unbedingt rauswollte und zwar angeboten hat, dass er Zuhause bleiben kann, aber die Fernbedienung für den Fernseher eingesteckt hat - manchmal muss man jungen Menschen zu ihrem Glück zwingen! :-)).  Und dann setzten wir unsere Füße auf den Waldsee, durch den wir im Sommer schwimmen. Zuerst vorsichtig und ungläubig lachend. Dann schlitterten wir jauchzend übers Eis! Mit weit geöffneten Augen! Und ich glaube Gott hat uns voller Freude dabei zugesehen.








 


Gott, der du die Stille geschaffen hast

und den Specht

die Eisvögel

und Schneekristalle 

den kleinen Bach

und die tiefen Seen

und uns Menschen

mittendrin

Ich bewundere deine Werke

Dienstag, 9. Januar 2024

Zeit nehmen

Nun ist es da - das neue Jahr. Gefühlt habe ich doch gerade erst unsere Weihnachtsdeko im Wohnzimmer verteilt!?  Heute morgen mahnt mein weihnachtsmuffliger Mann, dass ich doch  bitte alles Glitzernde wieder in den Keller räumen sollte. Ich signalisiere die Bereitschaft, unseren Stoff-Weihnachtsbaum zusammenzufalten (auch wenn er überhaupt nicht nadelt!) und  ringe ihm im Gegenzug dafür ab, dass der Herrnhuter Stern weiterleuchten darf. Schließlich geht der Weihnachtsfestkreis des Kirchenjahrs  bis zum letzten Sonntag nach Epiphanias, dieses Jahr bis zum 28.Januar! (schlaues Internet, ich danke dir!) Ich merke, dass ich das Leuchten noch ein wenig brauche. Dieses Gott-mit-uns der Weihnachtszeit soll seinen Schein noch auf die ersten Wochen dieses Jahres werfen. Vielleicht ist es auch das Bewusstsein, das mit zunehmendem Alter in mir wächst, was für ein Geschenk unsere Lebenszeit ist. Und wie kostbar ist das, wenn wir uns für die wichtigen Dinge auch ausreichend Zeit nehmen können! Das habe ich gemerkt, als wir mit Freunden über Silvester auf einer Hütte, nur 20 Minuten weit weg von hier, waren. Es war sehr kalt dort und die Schlafzimmer so feucht, dass ich kaum schlafen konnte (sehr verlockend die 20 Minuten nach Hause zu fahren!). Aber es gab einen Kachelofen im Untergeschoß und einen langen Tisch mit dem hässlichsten Wachstuch der Welt. Wir haben eine festliche Decke darüber gebreitet und dann saßen wir zusammen und hatten Zeit miteinander. Zwei volle Tage. Zum Spielen. Reden. Essen. Spazierengehen. Reden. Essen. Spielen. Und nochmal spielen. Ehrlich: Wenn wir eine Runde mehr "Mord in Palermo" gespielt hätten, wäre vielleicht tatsächlich ein Mord passiert, aber ansonsten tat es einfach so richtig gut. Es erinnert mich an das was Tomas Sjödin geschrieben hat: 

Im Zusammensein blitzt etwas Göttliches auf, das wir selbst nicht geschaffen haben. Wenn wir das Nizäische Glaubensbekenntinis sprechen sagen wir: "Wir glauben..." und nicht: "Ich glaube...". Der eigene Glaube ist etwas, in dem andere mich mittragen - und etwas was ich anderen als Geschenk weitergebe. Es geschieht an langen Abenden, wenn wir die Teller beiseitegeschoben und die Beine hochgelegt haben und wenn in unser Reden Ruhe gekommen ist, dass ich Gottes Gegenwart am stärksten spüre. Etwas unbegreifliches, nicht Fassbares.
Genau das haben wir an der langen Tafel erlebt. Als die Ruhe in unser Reden kam. Und dann dieses EINE Gespräch Platz hatte, das wie ein scheues kleines Tier, nur dann auftaucht, wenn wir lange genug miteinander im Kerzenschein oder am Lagerfeuer ausgeharrt haben. Dieses göttliche Aufblitzen im Zusammensein, von dem Sjödin schreibt. Es ist jede schlaflose Stunde wert! 

Im Anschluss kamen dann noch ein paar weitere kurze Nächte dazu. Dieses Mal in einer wilden großen Menge auf der MEHR-Konferen; mit der wunderbare Maria Esther Magnis und viele anderen gute Worte von der Bühne und dazwischen wieder wertvolle Zeit mit Freunden am Kaffeetisch (Grüße nach Hurlach!💛).

Unsere Zeit ist etwas so kostbares! Eine begrenzte Ressource, die uns hier auf dieser Erde geschenkt wird. Daran will ich mich erinnern. Jetzt, wo das neue Jahr noch vor uns liegt wie eine stille unberührtbare Landschaft und sich hinter uns schon wieder so viel Drängendes aufbaut, was man jetzt endlich anpacken sollte. Wir können losspurten oder aber noch ein paar Abende mehr im Lichtschein der Kerzen sitzen und hinhören, wie wir unsere Zeit in diesem Jahr verbringen möchten. Neben den ganzen Verpflichtungen des Alltags. Magst Du vielleicht mit mir ein wenig zusammensitzen? Unterm Herrnhuter Stern. Mit dem Gott, der mit uns ist. Du kannst auch noch kurz eine Tasse Tee holen. Ich warte solange hier. Dann könnten wir zusammen darüber nachdenken:
 
Welcher Sache will ich in diesem Jahr Zeit schenken?
Wofür brennt gerade mein Herz? Was will ich neu lernen? Worin würde ich mich gerne vertiefen? Welche Fäden will ich gerne in die Hand nehmen? Wonach sehne ich mich?

Was ist in dieser Zeit meines Lebens 2024, eine günstige (Kairos)Zeit , die ich nutzen möchte?  
Nicht gehetzt und getrieben sondern im Sinne von: Dinge gut sein lassen, für das was JETZT ist. Zum Beispiel in meinem Fall: die Bereitschaft zuzuhören und mir Zeit zu nehmen, wenn das bald pubertierende Kind am Ende eines langen und anstrengenden Tags bereit ist, ein wenig von seinem Herz mit mir zu teilen - das ist auch jede schlaflose Stunde wert;-). 

Was will ich in diesem Jahr lassen?   
Was will ich ruhen lassen? Und womit will ich mich selbst oder andere in Ruhe lassen? Vielleicht gibt es eine Verpflichtung, die mir zu schwer geworden ist und aus der ich mich, mit Gottes liebevoller Hilfe, entlassen darf. Es gibt ja so vieles was man nicht muss! ;-). Was will ich, wie ein Gepäckstück, bei meinem Schöpfer abgeben und sagen: Nimm du das. Du kannst es halten. Mir wird das jetzt wirklich zu schwer. (Und es gibt auch sehr lebhafte und anhängliche Gepäckstück, die man mehrmals abgeben muss. Aber die Entscheidung ob es weiter zu mir gehören soll, kann ich jetzt treffen). Und diese eine dumme Sache, die ich lange genug (nach)getragen: die könnte ich doch auch im alten Jahr zurücklassen.

Was will ich beibehalten?
Welche Zeit am Tag, welche Gewohnheit, die ich aus dem vergangenen Jahr mitbringe, tut mir richtig gut? Der Spaziergang. Die Rückengymnastik. Das Abendgebet.  Vielleicht auch alles zusammen:-). Dann gilt es, wie auf dem Flughafen: Auf das Gepäck achten, dass es nicht verloren geht.
 
Mit welchen Menschen möchte ich in diesem Jahr gerne zusammen sein? 
Wen möchte ich an meinen Tisch einladen? Und auch das: Wie groß die Tafel ist, die mir zur Verfügung steht? Was ist mir möglich? Wo sind meine Begrenzungen? Und: Wo will ich mich einladen lassen? Offine und Online. Wem will ich folgen und von wem will ich mich "ent-folgen"? Und mit welchen Menschen will ich gemeinsam mein Glaubensbekenntnis sprechen? 

Welche Zeiten halte ich mir heilig?
Ganz  in dem Sinne wie es Sjödin schreibt: Eine  besondere Zeit, in der ich mich für das eine verschließe und für das andere öffne. Wo schaffe ich mir ganz bewusst Qualitätszeit für die wunderbare, heilsame Freundschaft mit meinem Schöpfer?

Ich glaube es macht Sinn sich diesen Fragen zu stellen bevor die Termine wieder unsere Kalender füllen. Wir dürfen uns die Zeit dafür nehmen. Mindestens bis zum 28. Januar!


Donnerstag, 21. Dezember 2023

Joy to the world!?

Es ist kurz vor Weihnachten. Ich weiß nicht wie es euch geht, aber "Joy to the world!" klingt nicht gerade wie die ideale Überschrift für diese Zeit. Nicht für Israel. Nicht für Gaza. Nicht für die Ukraine. Nicht für den Freund, der sich an Weihnachten zurückzieht und hofft, dass die Tage schnell vorüber gehen. Nicht für die Freundin, deren Familiensituation voller Konflikte ist, die liebend gern an den Feiertagen eskalieren. Nicht für die Familie der Bekannten, die gerade ihren Sohn begraben mussten. Es ist so wie ich es kürzlich irgendwo gehört habe:  It`s easier to be sad than to be glad.
Es ist wirklich leichter traurig zu sein als sich zu freuen. Und alle blinkenden Lichterketten können darüber nicht hinwegtäuschen. (Also nichts gegen Lichterketten - ich mag sie. Nur nicht wenn sie blinken- davon bekommen ich Migräne;-)). 
 
Ich finde es spannend, dass die Advents- und Weihnachtszeit in der Kirchengeschichte bis vor ungefähr 100 Jahren  eigentlich immer den Fokus auf das zweite Kommen von Jesus gelegt hat. Es war eine Zeit, die angefüllt mit der Sehnsucht war: Komm Herr Jesus! Komm bald. Komm, dein Volk zu trösten! Komm, die Tränen abzuwischen! Komm und bringe Frieden und Gerechtigkeit... In dieser Adventszeit hat mich auch diese Sehnsucht gepackt.
Und nun? Landen wir wieder vor der Krippe und blicken auf ein wimmerndes Baby. Klein und verletzlich liegt es da, zwischen dem Stroh, daneben eine unsichere Erstgebärende. Wenn es ihr geht wie mir, in der ersten Zeit meines Mamaseins, dann hofft sie einfach nur, dass sie diese zerbrechliche Wesen irgendwie groß bekommt und nicht vorher kaputt macht. Ich hatte oft Angst, dass ich mich im Schlaf auf mein Kind rolle und es buchstäblich unter meinem Gewicht begraben wird. Gott sei Dank ist das nicht passiert!
Was mir in jedem Jahr, mit der Beschäftigung mit der Weihnachtsgeschichte, immer ein bisschen klarer wird ist folgendes: Gott ist MIT uns! So wie sich Maria nie mehr ohne Jesus denken konnte. So wie dieses Kind ihr Leben auf den Kopf gestellt hat. Wie er Unfassbares wahr gemacht hat. Und wie sie unbegreifliches Aushalten musste. Wie sie vor ihrem sterbenden Kind stand und nichts tun konnte. Wie er dann den Tod wie einen lästigen schweren Mantel einfach abgelegt hat. Wie er ihr vielleicht zugezwinkert hat und sie ahnte: Am Ende ist das ein großer hoffnungsvoller Anfang. Für mich. Für Israel. Und für die ganze Welt. 
 
Jedes Jahr aufs Neue legen wir diese Geschichte wie eine Blaupause über unser Leben und über diese Welt. Und wir buchstabieren die Hoffnung in ihr. Für alles was war. Für das, was ist. Und für das, was auf uns zukommen mag. Und mit jedem Jahr wächst sie ein Stück mehr in mir. Die Hoffnung. Sie ist schon so groß, dass ich nicht mehr fürchte ich könnte sie mit meinem Gewicht begraben. Nicht mit dem Gewicht dieser ganzen Welt, meine ich Jesus flüstern zu hören. Unter den Trümmern unserer Welt lebt die Hoffnung. Sie ist unkaputtbar. 
 
Immanuel. Gott MIT uns. 
 
Und: Jesus kommt. 
 
Fürchte dich nicht.


 Honest Advent, Scott Erickson



Ich wünsche euch allen gesegnete Weihnachtstage!
 
Und von Herzen DANKE für euer treues Mitlesen, auch in diesem Jahr!!! 💛
Wir lesen uns wieder 2024. 

Dienstag, 12. Dezember 2023

Ein Moment im Advent

Nun ist schon die erste Hälfte der Adventszeit vorüber und ich versuche weiter weniger Worte zu machen. Trotzdem will ich wenigstens einen kleinen Adventsgruß an euch schicken. In diesen besonderen vier Wochen, die sich leider oft so anfühlen, wie die volle Lebenszeit mit kleinen Kindern, in der man den gutgemeinten Rat hört: "Genieß die Zeit! Sie geht so schnell vorbei!" Und man kann nur völlig übermüdet, mit breiverschmiertem Oberteil rätseln, was genau man an dieser Zeit so ganz besonders genießen soll. Bis dann diese kleinen Momente auftauchen. Die weiche, warme Hand, die sich um deinen Finger schließt. Dieser wunderbare Geruch des Baby-Nackens, wenn es endlich friedlich schlafend neben dir liegt. Das Glück wenn allein dein Erscheinen die Tränen auf einen Schlag versiegen lassen (das dreht sich in der Pubertätszeit leider völlig ins Gegenteil;-)). Ich muß immer wieder daran denken, was die Autorin Glennon Doyle zum Thema Carpe diem (den Tag nutzen) so wunderbar geschrieben hat:  

Es sind meistens nicht die ganzen Tage die einfach nur gut sind und die wir genießen können - es sind die kleinen Momente, die Augenblicke, in denen wir mitten im täglichen Chaos innehalten und plötzlich etwas wirklich, richtig sehen. Vielleicht etwas was eigentlich schon den ganzen Tag da war. Aber jetzt SEHEN wir es.

Diese Augenblicke liebe ich in der Adventszeit - zwischen dem tägliche Chaos, dem Geschrei und den halbherzigen Versöhnungsversuchen: Die kleinen Momente, in denen ich etwas wirklich richtig sehe! Wenn ich morgens im Halbdunkel die Kerzen am Adventskranz anzünde. Wenn ich den Rolladen hochziehe und der erste Schnee gefallen ist. Wenn ich nach draußen gehe und der Schal mir um die Ohren weht und ich die geschmückten Fenster der Nachbarhäuser bewundern kann. Oder wenn ich die alten Texte lesen und die vertrauten Lieder höre und mich für einen Moment daran wärmen kann. Macht hoch die Tür. Tannenduft und Winterpunsch. Kindheitserinnerungen Raum geben. Und der Liebe!  Der beste Moment in diesen Tagen ist der, wenn ich mich am frühen Abend kurz in unser Schlafzimmer schleiche. Ich zünde eine Kerze an und bin einfach da. Ich tue nichts. Was mir in den ersten Minuten wirklich sehr, sehr schwerfällt. Meine Gedanken gehen in tausend Richtungen. Und tausend Mal fange ich sie wieder ein. Und wenn es langsam ruhiger in mir drin wird, stelle mir vor, dass ich ein wenig mit Gott warte. Dieser himmlische Vater, der allein mit seinem Erscheinen, alle Tränen versiegen lassen kann. Der auf uns wartet. Immer. Voller Liebe. In jedem Moment unseres Tages. Auch in diesem. In dem ich das hier eintippe. In dem du das hier liest. Die Liebe umfängt uns. Sie greift nach uns, wenn wir ihr nur einen kleinen Finger hinhalten. Wir dürfen immer wieder dahin zurückkehren. Herz nach Hause bringen. Tausend und Ein Mal am Tag. Was ist das für ein Glück! Und es hält nicht nur vier Wochen an. Immanuel. Gott mit uns. Ein ganzes Leben lang.

In diesem Sinne wünsche ich euch gesegnete Momente in der Advents- und Weihnachtszeit!



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