Dienstag, 25. November 2014

in Mangel und Überfluß

Samu zum 1.Mal am Meer!
Dieses Jahr habe ich mir vorgenommen unseren Sommerurlaub schon früher zu planen. Ich dachte dann ist es nicht so stressig wie sonst. Aber irgendwie sind es die gleichen Probleme, nur ein paar Monate früher:
Meer wäre toll, aber warum ist das Meer - auch in diesem Jahr - so weit weg? :-) Kommen Freunde mit und vielleicht ein Spielkamerad für Samu? Und wenn nicht- was tun wir, wenn es die ganze Zeit regnet und wir in einem kalten Ferienhaus feststecken (24-h Auto und Zug spielen- aaahhh!)?
Eine Freizeit? Haus mit Kinderbetreuung? Aber eigentlich mag ich sowas nicht und will lieber meine Ruhe im Urlaub...

Ich klicke mich also seit einigen Abenden durch sämtliche Angebote und komme zu dem deprimierten Entschluß, dass nichts wirklich passt und wir am besten Zuhause bleiben sollten (armer Mann, der das immer mitmachen muss!).

Ganz nüchtern betrachtet sind das natürlich einfach nur Luxusprobleme. Es gibt genügend Leute in meinem Umfeld die sich keinen Urlaub leisten können.  
Aber ich merke auch, dass sich hinter dem  Frust der Sommerplanung noch etwas anderes verbirgt. Es ist ein Gefühl, dass ich manchmal denke, wir sind als Familie - zu dritt - nicht genug. Letzten Urlaub, wir kamen gerade in unserer Ferienwohnung an, Samu sagte erwartungsvoll:  "Und? Wann kommen die anderen alle?". Erst musste ich lachen, aber dann habe ich ihm gesagt, dass es "nur wir" sind und es hat sich ganz mangelhaft angefühlt.
 
Wie blöd, ich weiß.  Wie viele sehnen sich nach einem guten Partner und planen den Urlaub alleine, oder müssen mit einem unerfüllten Kinderwunsch leben! Wirklich, ich weiß wie gut es mir geht. Die meiste Zeit bin ich auch sehr, sehr dankbar dafür. Aber in manchen Situationen (wie z.B. bei der Urlaubsplanung) spüre ich, dass ich Samuel gerne mehr geben würde und es tut mir dann einfach leid, dass es "nur wir" sind .


Manchmal kommt das Gefühl auch, wenn ich mit Samu auf den Spielplatz gehe und die anderen vor allem mit ihren Geschwistern spielen (so sehr Geschwister auch streiten können- nach außen hält man zusammen!). Dann wird es mir ein wenig schwer um`s Herz, wenn der kleine Sohn so alleine seine Sandburg baut. Geschwister sind was tolles und es tut mir leid, dass er das nicht erleben kann.


ich fand es so toll, mit meiner Schwester zusammen aufzuwachsen...

wie gerne würde ich ihm dieses Geschenk machen.

Wenn mein Herz so schwer wird, dann brauche ich Zeit mit meinem besten Freund. Also sitze ich heute ein wenig länger schweigend mit ihm in unserem Wohnzimmer und halte die Bibel fest (das hilft mir in manchen Situationen mehr, als darin zu lesen:-)). 

Und plötzlich ahne ich, dass es nicht darum geht einen Mangel auszugleichen, der nicht auszugleichen ist. Es geht vielmehr darum, meine Armut und den Mangel immer wieder anzunehmen (und ihn auch nicht runterzuspielen - nach dem Motto: du solltest doch einfach dankbar sein!). Ich kann immer mal wieder den Schmerz zulassen und mir dann die Tränen trocknen lassen. Dann kann ich wieder mein Leben wie ein Glas anheben und das schmecken und trinken, was mir gegeben ist. So übervoll mit Gutem und manchmal ein wenig bitter im Geschmack. Beides ist mein Leben. 

Paul Tornier schreibt in seinem Buch  "Leben, das große Abenteuer", dass seiner Ansicht nach, der Hauptunterschied zwischen Menschen nicht darin liegt ob wir verheiratet sind oder nicht (und auch nicht ob und wie viele Kinder wir haben). Der Hauptunterschied zwischen Menschen besteht darin, ob sie ihr Leben, so wie es ist, annehmen oder ob sie es nur widerwillig ertragen. Tornier warnt auch davor, dass das größte Hindernis für die Annahme eine scheinbare Annahme ist. So schreibt er:

"Es hilft nicht zum anderen zu sagen: Du musst dein Leben so annehmen, weil Gott das so für dich gewollt hat. Es wäre anmaßend, das zu behaupten. Was wissen wir über den Willen Gottes für andere? Was hingegen hilft, ist die Gewissheit,dass Gott uns liebt...was immer auch unsere Entbehrungen sein mögen: Wenn wir lernen unser Leben, wie es ist, anzunehmen und nicht von einem anderen träumen, wenn wir es unter göttlicher Inspiration leben, dann verwirklichen wir unser menschliches Schicksal, das heisst, ein von Gott gelenktes Abenteuer."

Paulus schreibt, dass er gelernt hat im Mangel und Überfluß genug zu haben (Phil.4,12ff.). Was für eine Aussage!!! 
Und er fügt hinzu: "Das alles kann ich durch Christus, der mir Kraft und Stärke gibt". 
 Es gibt Dinge, die bekomme ich nur hin, weil mir Jesus dabei hilft (eigentlich sehr viele Dinge!!!)...und mein Mangel ist ganz oft ein Landeplatz für seine Gegenwart in mir. Und plötzlich spüre ich: Ja, es fehlt etwas und trotzdem - es ist genug. Das kann ich nicht für irgendein anderes Leben glauben. Das kann ich nur für mein eigenes Leben annehmen (und auch für Samu hoffen).

Also,wenn ich heute abend wieder durch die Tui - FeWo-Direkt und sonstige Seiten klicke, will ich daran denken: Ich muss den Mangel nicht durch eine tolle Ferienplanung ausgleichen. Und unsere Freunde und andere Kinder sind ein Geschenk, aber sie müssen und können keinen Lücke stopfen, das wäre ihnen gegenüber auch nicht fair. 

Ich wil lernen zu glauben:  Im Überfluß und Mangel  - es ist genug.
Es ist unser Leben. 
Ein von Gott gelenktes Abenteuer.  


Montag, 17. November 2014

Flohwalzer spielen

 Gestern habe ich mit Samu zusammen die ersten "Ausstecherle" gemacht. Eigentlich eine schöne Sache.  Auf den "Backen mit Kindern" Bildern sieht das alles immer toll aus: eine liebevoll, strahlende Mutter, ein Kind mit roten Backen das sorgsam den Teig ausrollt und ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann. 
Bei uns läuft das irgendwie anders ab. Ich weiß, es ist pädagogisch verwerflich, aber jedes Mal wenn der kleine Mann fröhlich in die Küche marschiert und verkündet: "Ich helf dir, Mama!", zucke ich innerlich zusammen und denke: "Oh NEIN!!! " Manchmal biete ich ihm an, dass er weiterspielen darf, aber solche unsinnigen Vorschläge ignoriert er. ich brauche schließlich seine Hilfe.

Gestern dachte ich also, ich nehme mir Zeit und lasse ihn richtig mithelfen. Um es kurz zu machen: es war ziemlich anstrengend. Hier ein paar Einblicke:





Ich habe versucht zu retten was geht. Am Ende kam dann doch ein ganz leckeres Ergebnis zustande und wir haben den gemeinsamen Erfolg gefeiert.

selber gemacht!

Während wir so zusammen gebacken haben und ich versucht habe ein größeres Chaos zu verhindern, habe ich mich gefragt ob es Gott wohl manchmal ähnlich geht.
Vielleicht hat Jesus auch manchmal innerlich gedacht: "Oh NEIN", wenn seine Jünger ankamen um zu helfen. Vielleicht ist es der größte Beweis für seine Liebe und eine unglaubliche Selbsbeherrschung Gottes, dass er in der langen Menschheitsgeschichte nicht irgendwann gesagt hat: Jetzt mach ich es lieber allein. Ihr habt genug "geholfen". Vielen Dank.

Wie oft habe ich, durch meine gutgemeinte Hilfe, wohl ein Chaos angerichtet?
So wie bei dem Einsatz in St. Petersburg, wo ich einem obdachlosen Mann, der am Straßenrand lag, geholfen habe wieder auf die Beine zu kommen. Er war ziemlich schwer und störrisch und es kostete mich einige Mühe ihn aufzurichten. Die russischen Jungs aus unserem Team standen auch nur da und schauten lachend zu. Unverschämt und völlig unverständlich. Bis sie mir sagten, dass der Mann mich auf russisch angefleht hatte: "Bitte, bitte, lass mich doch hier liegen! Bitte, ich will nicht aufstehen!" Was für eine großartige Hilfe. Mutter Theresa von St. Petersburg.
Fast so gut wie gestern im Gottesdienst, in dem ich einfach ein Gebet beendet hatte bevor der Gottesdienstleiter den Segen sprechen konnte. Ich wollte helfen und musste mich danach entschuldigen. 
Ob Gott wohl oft dasteht und denkt: "Oh NEIN!!! Jetzt versucht sie wieder mir zu helfen!"   

Aber vielleicht freut er sich trotz allem wenn wir mithelfen, weil er uns lieb hat, weil er einfach gerne mit uns zusammen ist und weil er die Erfolge zusammen mit uns feiern will?


In dem wunderbaren Buch "der ungezähmte Glaube" (müsste eingtlich auch dringend in meine Top 10 Bücher) schreibt Mike Yaconelli folgende Geschichte, die sich auf einem Konzert des polnischen Pianisten Paderewski in New York ereignete: 

Eine Mutter hat ihren kleinen Sohn mitgebracht, in der Hoffnung, dass er wieder Lust zum Klavier üben bekommt, wenn er den Meister spielen hört. Das Konzert hatte noch nicht begonnen, der Junge war unruhig und lief hin und her. Zum Entsetzen der Mutter rannte er Richtung Bühne und fing an auf dem Flügel den Flohwalzer zu spielen. Großer Ärger im Publikum. Die Saaldiener wollen ihn schon entfernen, da betrat Paderewski die Bühne. Gespannte Stille. Was würde er tun?
Der große Pianist setzte sich neben den Jungen und flüsterte ihm zu: "Hör nicht auf zu spielen, mach weiter. Du spielst toll!" und dann improvisierte er ein Konzertstück zur Melodie des Flohwalzers.
Mike Yaconelli schreibt dazu: 
Eines Tages werden wir in dem großen Konzertsaal Gottes sitzen und das herrliche, wunderbare Konzert hören,  das Gott erklingen ließ, während du und ich, kindlich und stümperhaft, unsere Version des Flohwalzers spielten.

Diese Geschichte macht mir Mut: 
Am Ende ist Gottes Fähigkeit größer, etwas Gutes aus meinem Leben zu machen, als meine Fähigkeit, ein Chaos anzurichten. 

In unseren Ohren klingt unser Alltag oft wie schräg gespielter Flohwalzer. Wir hören hier nur einen Teil der Musik und meistens klingt es sehr unspektakulär:

Windel wechseln

Rotznasen abputzen

Geduldig bleiben

Arbeiten gehen

Obdachlosen aufhelfen

müde Gebete sprechen

versuchen auf Gott zu hören

jemand ein bisschen Mut machen

monatlich etwas Geld spenden

Flohwalzer spielen.

 Und Gott flüstert uns zu:   "Hör nicht auf. Spiel einfach weiter. 
 Du machst es toll! Wir machen es zusammen, ok? 
 Und am Ende wird daraus es etwas wunderbares zu meiner  Ehre. Vertrau mir. "



Mittwoch, 12. November 2014

von strickenden Omas und einem Geschenk, auf dem mein Name steht

Vor einiger Zeit habe ich hier geschrieben, dass ich mir überlege, ob ich in dem Asylantenheim, das bei uns in der Nähe entstanden ist, mithelfen könnte. Ich hab es mir lange hin und her überlegt. Nach 45 Jahren kenn ich mich nun ganz gut und weiß, dass ich mich schnell überfordere und manchmal Dinge tue, die zwar notwendig und gut sind, aber auf denen nicht "für Christina" steht (früher habe ich auf solche Aufschriften nicht geachtet und angenommen, dass jede Not ein Auftrag für mich ist). 

Ich habe also seit längerem die Sache in meinen Gedanken (und im Gebet) hin und hergedreht um zu schauen ob mein Name drauf steht. Die Unsicherheit blieb. Was mir aber klarer wurde war, was ich an Hilfe anbieten kann und was nicht geht (das ist schon ein Fortschritt für mich!). Also habe ich angerufen und festgestellt, dass sie genau das brauchen können, was ich (vielleicht) geben kann: ein Nachmittag in der Woche bei der Hausaufgabenbetreuung zu helfen - und Samu dazu mitbringen.
Gestern war ich also zum ersten Mal dort und ich hab mich richtig darauf gefreut. Heio hat mich nochmal ermahnt: schau erst ob es funktioniert und mach keine Versprechungen (er kennt mich ziemlich gut). Und, was soll ich sagen: es hat funkioniert! 
Samu war so begeistert, er wollte nicht mehr weg. Die Kinder waren wunderbar! Wild, neugierig, manche ganz schüchtern...wir haben mit ihnen gesungen, ein deutsches Wort beigebracht und Äpfel gegessen. Es passt. ich werde regelmässig hingehen (und muss mich schwer davon abhalten, heute nicht gleich wieder vorbeizuschauen!). 

Und bevor ihr denkt, ich bin ganz toll: Ich kam nach Hause und war total beschenkt!!! Jetzt habe ich einen wunderbaren Nachmittag in der Woche auf den wir uns freuen können (und ich muss ein paar Stunden weniger mit Samu Zug spielen:-)).

Heute morgen habe ich die Bibelstelle gelesen, in der Paulus schreibt: 

"Kauft die Zeit aus!".

Mich hat das früher immer unter Druck gesetzt. Ich dachte es heißt: 
Mach JETZT ALLES was dir möglich ist! Du weißt nicht ob du morgen noch Zeit hast um das Evangelium zu predigen, Gutes zu tun... also los: HEUTE ALLES AUSKAUFEN (hab ich schonmal erwähnt, dass ich einen heftigen Burnout hatte, der mich einige Jahre Therapie gekostet hat?).
Ich schaue mir heute also die Bibelstelle genau an und ich lese, dass im griechischen Original steht:

erkennt den "KAIROS" in eurem Leben und handelt danach.

KAIROS bedeutet: der günstigste Zeitpunkt, an dem eine bestimmte Aufgabe getan werden kann(oder der richtige Moment). 
Das klingt doch ganz anders wie: JETZT ALLES TUN. Es geht vielmehr darum, dass ich erkenne: Was ist die Zeit in meinem Leben und vielleicht gibt es etwas, für das jetzt genau der richtige Moment ist?

Am Wochenende waren wir im Schwarzwald und haben bei meiner Tante ein Paket für Weihnachten in Schuhkarton abgegeben. Sie hat uns in ihre Wohnung geführt und alles war voll mit kleinen Zusatz- Geschenken für die Pakete ("damit jedes Päckchen voll ist und jedes Kind etwas besonderes bekommt", meinte sie strahlend). Auf dem Sofa lagen Berge von kleinen selbsgestrickten Schals und Handschuhen. Sie sagte uns, dass die alten Leute aus dem Dorf, das ganze Jahr dafür stricken. Ich war beeindruckt, von meiner Tante und von diesen alten Menschen. Vieles ist in ihrer Lebensphase nicht mehr möglich, aber sie können stricken und haben viel Zeit. Und diese Zeit kaufen sie aus, sie stricken, nicht nur für ihre Enkel, sondern auch für das Kind in Rumämien, und ich ahne, dass sie ganz begeistert bei der Sache sind.
Bild von Compassion
Gestern saß ich strahlend im Asylantenheim und ich wusste: das ist mein "Kairos". Genau das kann ich gerade gut tun. Das ist ein Geschenk von Gott auf dem "für Christina" steht. Und auch "für Samuel" (er wurde zum Abschied von den Kindern abgeknutscht!)

Was immer gerade eure Lebensphase ist, ich wünsche euch, dass ihr spürt, was gerade gut und möglich ist (es kann gut sein, dass der Besuch in einem Asylantenheim nicht dazu gehört!) . Und vielleicht entdeckt ihr  ein Geschenk, auf dem euer Name steht.

Freitag, 7. November 2014

meine Top 10 Bücher!


Vor einiger Zeit habe ich angefangen eine Liste  meiner persönlichen Lieblingsbücher zusammenzustellen. Jetzt ist sie endlich fertig. Die länger werdenden Abende laden ja dazu ein, es sich mal wieder mit einem Buch gemütlich zu machen und vielleicht ist etwas interessantes für euch dabei (oder ihr habt einen guten Tipp für mich!).

Vorweg muss ich sagen: ich lese zum Entspannen oft Krimis (zu empfehlen: die Schorlau Krimis aus Stuttgart!) und ab und zu Romane (z.B. von Marian Keyes).
Allerdings sind diese Bücher nicht in meiner Liste, sondern es sind die Bücher, die ich immer wiede hervorhole und darin lese, weil sie mich berühren, weil einzelne Sätze so trostreich und gut sind oder weil die Figuren in den Büchern fast schon wie alte Freunde sind (die Bücherfreaks unter euch wissen was ich meine).

Also, hier sind  sind sie: meine 

Top 10 "all time favorite" wunderbare Bücher 
(in beliebiger Reihenfolge):

wollte mich schon immer mal vor meinem Bücherregal ablichten lassen:-)

Philipp Yancey: Warum ich heute noch glaube (Soulsurvivor)
Unter meinen Top 10 muss einfach ein Buch von P.Yancey sein. 
Ich mag seine Art zu schreiben, ehrlich, klug und ohne fromme Phrasen. In diesem Buch schreibt er über seine, oft enttäuschenden Erfahrungen mit der Gemeinde (besonders in seiner Jugend)  und was seinem Glaube geholfen hat zu überleben. Er erzählt von 13 Menschen, die ihm Mut gemacht haben. Es sind so unterschiedliche Menschen wie Martin Luther King, Ghandi, G.K. Chesterton, Dr. Paul Brand, Tolstoj und Dostojevsky. Durch dieses Buch habe ich ein paar andere, wunderbare Bücher entdeckt, auch von Autoren die mir bisher unbekannt waren (wie z.B. Frederick Buechner oder Annie Dillard). Ein wunderbares Buch, voller Schätze, die meinen Glauben bereichern.

C.S. Lewis: über die menschliche Trauer

Ein Intellektueller schreibt über das Leid, in diesem kleinen Buch aber nicht durchdacht und distanziert (wie in seinem zuvor geschriebenes Buch "über den Schmerz"), sondern jetzt mitten aus seinem eigenen Erleben heraus. Es sind wütende, zweifelnde, tiefgreifende Aufschriebe, direkt nach dem Tod seiner krebskranken Frau. Ich habe das Buch nach dem Tod eines Freundes gelesen. C.S. Lewis hat für meinen Schmerz die Worte gefunden, ich habe weinend die Sätze unterstrichen und in meine verzweifelten Gebete gelegt. Ein ehrliches, durchkämpftes und deshalb so trostreiches Buch für mich.

Tucholsky: Schloss Gripsholm
Bücher sind auch Erinnerungen, an die Tage in denen sie uns begegnet sind. Diese wunderbare Geschichte, werde ich immer mit dem ersten Schwedenurlaub mit Heio in Verbindung bringen. WIr haben das Hörbuch auf der langen Reise im Auto gehört- es ist herrlich!
Tucholsky schreibt humorvoll und so, dass man Wörter und Sätze anschaut und sie lieb gewinnt (das Buch habe ich mir dann danach gekauft). Also, falls ihr für die nächste längere Autofahrt eine schöne Geschichte hören wollt: hier ist sie!


A. Plass: das Wiedersehen
Auch von Adrian Plass muß ein Buch dabei sein. Er hat viele wunderbare Bücher geschrieben, die mich zum Lachen und zum Weinen brachten (meist kurz hintereinander). 
Seine nicht so sehr bekannten Bücher gefallen mir am besten, wie zum Bsp.: "Mr. Harpers Traum vom Leben" oder "Das Lächeln auf dem Gesicht Gottes" und unbedingt: die Bücher über Familie Robinson (wie kann ein Engländer mittleren Alters so genau die Gefühle einer Mutter oder alleinstehenden Frau beschreiben? Ich LIEBE die Figuren dieser Bücher!!!
Das Wiedersehen ist eins meiner liebsten Bücher von ihm. Ich mag Geschichten und Filme von Wiedersehensfeiern, Klassentreffen oder Treffen mit alten Freunden über`s Wochenende. Es steckt oft soviel wahres, ernüchterndes und existenzielles in den Begegnungen, so wie in diesem Buch:
Ein Pastor wird eingeladen, nachdem seine junge Frau verstorben ist, sich mit seinem alten Jugendkreis über`s Wochenende zu treffen. Seit über 20 Jahren haben sie sich nicht gesehen. Ohne große Lust fährt er hin. Er begegnet seinen alten Freunden, sie reden darüber, wie sich ihr Leben entwickelt hat, über ihre Verletzungen und über ihre tiefsten Ängste. Ich habe bei den Figuren von Adrian Plass immer den Eindruck: die sind echt! Das sind echte Leiden, das sind Wege die ich auch gegangen bin und Gefühle und Fragen die mich auch bewegen. Ich finde Trost in ihren Kämpfen und manchmal Hoffnung in den Antworten - oder "Nicht -Antworten"- mit denen sie weiterleben.

Shane Claiborne: man muss verrückt sein so zu leben
(an irresistible revolution...manche deutsche Titel sind so schlecht!) 
Dieses Buch ist gefährlich. Es kann ein gemütliches Leben zerstören. Es hat mir einige schlaflose Nächte eingebrockt. Es hat mich aufgewühlt und herausgefordert meinen eigenen Lebensstil zu hinterfragen, in einer Wohlstandsgesellschaft, abgestumpft gegen die Nöte der Welt. Shane Claiborne lebt einen einfachen, dienenden Lebensstil, erzählt von "kleinen Taten der Liebe, die die Welt verändern können", kreativ und voller Leidenschaft und ohne anzuklagen. Ich habe Shane schon zwei Mal getroffen und er hat mich nachhaltig beeindruckt. Dieser Typ lebt was wir Christen glauben. Ich möchte gerne mal ein bisschen so werden wie er.


Henri Noeven: die innere Stimme der Liebe

Auch ein Buch von Henri Noeven muss unbedingt unter meinen 10 besten Büchern sein. Ich habe fast alle seine Bücher gelesen und ich glaube sie haben die Art wie ich glaube sehr stark beeinflusst.
Dieses kleine Buch ist hilfreich in schweren Zeiten, kleine Abschnitte für jeden Tag, die etwas über Gottes liebendes Herz offenbaren. Der kluge, katholische Priester,der sein Lehrstuhl in Harward aufgab um in einer Gemeinschaft mit Behinderten Menschen (Der Arche) zu leben, hat mich nachhaltig beeindruckt. Aus seiner eigenen Zerbrochenheit und in seinen Kämpfen leuchtet immer wieder dieser Satz: "Du bist Gottes Geliebter Sohn, seine geliebte Tochter!". Wie eine Taschenlampe trage ich seine Worte bei mir, für die dunklen Zeiten.

Annie Dillard, am Rande der neuen Welt

Annie Dillard ist eine ungewöhnliche Frau, die sich schwer einordnen lässt. Ihrem Buch "über das Schreiben" ahnt man, was sie für eine exzessive, lustige und außergewöhnliche Schriftstellerin ist. Sie schreibt fast brutale Beobachtungen über die Natür und das Zusammenleben der Menschen mit wunderbaren Sätzen und Gedanken dazu. Für ihr Buch "der freie Fall der Spottdrossel"  bekam sie den Pulitzer Preis.
"Am Rande der neuen Welt" ist eine amerikanische Siedlergeschichte, hart und klar geschrieben (wie diese Zeiten wohl auch waren). Es ist kein einfaches Buch, aber das Lesen lohnt sich, besonders für die Sätze und Worte die dazwischen liegen. 


 Größer als dein Herz, Brennan Manning (the raggamuffin gospel)
 Dieser Mann fasziniert mich, mit seiner zerbrochenen Lebensgeschichte: er wurde Christ, dann Alkoholiker, war Priester, hat geheiratet, ließ sich scheiden... ist es ein Wunder, dass er über Gnade schreibt, wie kein anderer den ich kenne (seine berührende Biographie heißt auch: Alles aus Gnade).
Auch in "Größer als dein Herz" geht es um diese Gnade. Dieses Buch habe ich meinen Vater gegeben, es war eins der letzten Bücher das er lesen konnte. Mit Tränen in den Augen gab er es mir  zurück und sagte: "Das wäre schön, wenn man glaube könnte, dass Gott wirklich so wäre." Damit ist für mich alles gesagt. Ich glaube Gott ist tatsächlich so, und das ist zu schön um es nicht zu glauben.

Jesusfreak, Martin Dreyer
Die ehrlich geschriebene Geschichte von Martin wühlt mich auf, sie zeigt mir Gottes Treue trotz unserer Irrwege, seiner Leidenschaft zu uns und wo meine Leidenschaft ist. Seit 19 Jahren bin ich Teil der Jesusfreaks Bewegung, Wenn ich dieses Buch lese, dann weiß ich wieder warum. Deshalb gehört es zu meinen Top 10. 
Danke Martin und Danke Jesus.



Gott braucht dich nicht, Esther Maria Magnis
Dieses Buch ist ein außergewöhnliches Buch über den Glauben. Eine biographische Geschichte, die mit so einer Wucht und einer Kraft der Wörter geschrieben ist, dass es mich fast umgehauen hat. Es ist das Kämpfen und Ringen mit einem Gott mitten im Dreck des Lebens. Nichts für schwache Nerven aber absolut lohnenswert zu lesen.


Das war meine Liste und schweren Herzens müssen ein paar wunderbare, geliebte Bücher leider draußen bleiben (wie zum Beispiel: Enttäuscht von Gott und der unbekannte Jesus (!) von Philipp Yancey, Blue like Jazz von Don Miller, die tollen Bücher von Shauna Niequist oder gemeinsam Leben von Bonhoeffer). Jetzt haben sie es doch noch geschafft erwähnt zu werden:-)).

Puh, das war lang. Wenn ihr es bis hierher geschafft habt: Glückwunsch - ihr lest wahrscheinlich gerne. 

Und, was ist euer Lieblingsbuch?

Dienstag, 4. November 2014

Wo ist nur der Lichtschalter?

Die letzten Tage waren wir krank. 
Den kleinen Sohn hat es übel erwischt: die Hand und Fußkrankheit . Davon habe ich vorher noch nie gehört, aber ich kann euch sagen: diese Krankheit hat wirklich Hand und Fuß. Es hat mir so leid getan ihm dabei zuzusehen, wie er versucht hat etwas zu essen, obwohl er solche Schmerzen beim Kauen hatte. 
Der Scholokadenkäfer, den er im Krankenhaus geschenkt bekommen hat, liegt seit Tagen neben seinem Bett und jeden Abend sagte Samu hoffnungsvoll: "Morgen kann ich ihn bestimmt essen!" 
Ich glaube das wird die längste Lebenszeit, die ein Schokoladenkäfer in unserem Haus jemals erreichen wird. Und ich war auch nicht wirklich fit - wie ihr an diesem, völlig ungestellten, Frühstücksbild von gestern sehen könnt.
und wir fühlen uns genau so besch...wie wir aussehen!

Aber heute geht es  - GOTT SEI DANK - schon etwas besser.

Es fällt mir so schwer Samu leiden zu sehen. Ich bin Krankenschwester und hoffe immer, dass man den Schmerz beenden kann, wenn man schnell irgendeine Pille verabreicht.  Einfach nur abwarten bis es besser wird, ohne dass man irgend etwas tun kann, fällt mir sehr schwer.
auch das geliebte Schokoladebrot tut weh
Neulich habe ich von Brene Brown folgendes gehört:

Wenn jemand im Dunkel sitzt, dann versuchen wir das in Ordnung zu bringen. Wir wollen den Lichtschalter finden und alles ist wieder gut. Aber wahres Mitgefühl füreinander, wirkliche Hilfe ist es oft, wenn wir uns einfach in`s Dunkel setzen, dem anderen die Hand halten und gemeinsam darauf warten, dass es hell wird. 

Wenn ich Samu leiden sehe - egal ob jemand gemein zu ihm ist oder ob es eine blöde Hand und Fußkrankheit ist - dann will ich die Situation für ihn  möglichst sofort beenden. 

Ich will die Dinge in Ordnung bringen. Schmerzen vermeiden. Und das nicht nur für meinen Sohn.
Wenn mir jemand ein Problem erzählt, dann möchte ich ihm gerne eine Lösung bieten (oder ich bete und danach ist alles besser!) und wenn jemand durch eine schwierige Zeit geht, dann würde ich alles tun um den Lichtschalter zu finden. Aber leider gelingt mir das in den meisten Fällen nicht (erstaunlicherweise:-)).

Aber vielleicht ist das manchmal sogar gut so.
Brene Brown sagt, dass es schädlich sein kann, wenn wir ständig versuchen von unseren Kindern die Schwierigkeiten wegzuhalten und ihnen jede Not gleich abzunehmen. Wir vermindern dadurch ihre Fähigkeit, Hoffnung zu entwickeln. Hoffnung entsteht nämlich dadurch, wenn wir erleben, dass wir Dinge durchkämpfen und schwierige Zeiten überstehen können (das sagt übrigens auch die Bibel). Während ich also darauf ausgerichtet bin, möglichst schnell das Licht anzumachen, entgeht mit die Wahrheit, dass man manche Schätze nur im Dunkel finden kann. 

Das heisst dann also, dass ich meine Anstrengung vielleicht ein wenig mehr darauf richten sollte Samu die Hand zu halten und zu sagen:
"Ich weiß es tut weh. Leider gibt es gerade nichts was wir tun können. 
Aber ich weiß, dass du es schaffen kannst da durchzugehen. Ich bin dabei und gehe nicht weg. Wir warten zusammen und erleben, dann gemeinsam wie es besser wird, ok?"

Und als Belohnung gibt es dann den Käfer auf dem Nachttisch (auch wenn du schon im Fluchtauto sitzt: deine Tage sind gezählt, Krabbeltier!).

Und noch etwas wird die Belohnung sein:  Hoffnung. 
Wenn sich das nächste Mal eine gemeine Krankheit oder blöde Situation anschleicht (und ich vemute das wird kommen), dann werden wir uns daran erinnern, dass wir es schon mal geschafft haben, durch das Dunkel und die Schmerzen zu gehen.Und das wird uns Mut machen. (Samu steht auf so krasse Geschichten:
erzähl mir nochmal wie ich klein war und vom Bett gefallen bin...)

 Auch wenn es mir schwerfällt- ich will es lernen, als Mutter und auch als Freundin und Weggefährtin:

Wenn es keine einfache Lösung gibt, 
keine schnelle Gebetserhöhrung 
und mein Eingreifen vielleicht überhaupt nicht hilfreich und gut ist, 
dann setze ich mich neben den anderen in`s Dunkel und flüstere:

"Ich weiß es tut weh. Leider gibt es gerade nichts was ich tun kann. 
 Aber ich weiß, dass du es schaffen kannst da durchzugehen. 
 Ich warte mit dir, bis es hell wird."

Den Lichtschalter betätigt dann ein anderer.

Hoffnung