Montag, 9. März 2015

Heimatklang

"Mir fällt die Decke auf den Kopf" sagte ich zu Samu, was ihn dazu veranlasst hat, besorgt zur Zimmerdecke zu schauen. 
"Fällt gleich der Kristian auf uns drauf?" Kristian wohnt im 1. Stock und er ist ein toller Mitbewohner - aber die Vorstellung dass er durch unsere Decke durchbricht versetzt dem kleinen Sohn eine (verständlichen) Schreck. Ich versuche ihm zu erklären, was ich damit meine und wir sind uns schnell einige: wir wollen die Oma im Schwarzwald besuchen.

Also brausen wir kurze Zeit später über die Autobahn und der kleine Autoexperte auf dem Rücksitz ruft fröhlich: "Mercedes, ein Hoppel (=Opel), Mazda...". Es ist mir unerklärlich, wie er jede Automarke schon von weitem erkennt (an den Genen liegt es ganz sicher nicht!). 
Mit jedem Kilometer über die vertrauten Straßen wird mein Kopf etwas freier und ich genieße die schöne Natur. Zur Zeit gehen mir so viele Gedanken durch den Kopf, so viele Stimmen die an mir zerren und Gehör finden wollen - ich sehne mich nach Frieden. Nach Zuhause. Mein Heimatort taucht vor uns auf und Samu jauchzt vor Freude: "Wir sind da, wir sind da!!!" Die Oma steht schon an der Tür und er rennt ihr entgegen.

Und wir verbringen einen wunderschönen Tag zusammen. 

zwei, die sich lieben
mit Oma zusammen kochen

spazieren laufen

vorbei an einem Häuschen in dem ich mir immer vorstelle, wie schön es wäre hier zu wohnen

Pause

ich liebe den Schwarzwald

für die einen nur dunkle Holzstämme, für die anderen Heimat

Samu entdeckt wie weich das Moos ist...

...und wie hoch die Schwarzwaldmädels fliegen können

Ich bin jedes Mal so dankbar, wenn wir Zeit mit meiner Mutter verbringen können. Immer wenn ich sie sehe fällt mir auf, dass sie wieder ein wenig dünner und ein wenig schwächer geworden ist.
Außerdem lässt ihr Gehör nach. Leider benutzt sie ihr Hörgerät aber kaum weil es sie stört und sie findet sowieso, dass sie gut hört - wir reden alle nur  viel zu leise:-).

Seit kurzem hört sie aber noch etwas anderes, etwas was wir alle nicht hören. Sie erwähnte es neulich bei einem Telefonat: "Abends höre ich manchmal wunderschöne Musik." Meistens ist es ihr Lieblingslied: Schönster Herr Jesus. 
Sie erzählt, dass sie es ganz klar hört, Vers für Vers, ein wunderbarer Chor...und sie setzt sich auf`s Sofa und faltet ihre Hände und singt leise mit. 
Zuerst war ich besorgt, hab nachgefragt ob sie noch andere Stimmen hört, ob sie weiß was für ein Tag ist.. ihr wisst schon. Aber sie schien ganz klar zu sein. Nein, sonst war alles wie immer, nur diese wunderbare Musik ist plötzlich da, an manchen Abenden.
Nachdem ich den Hörer aufgelegt habe erzähle ich das Ganze Heio und wir sind plötzlich ganz bewegt und fragen uns ob meine Mutter etwas wahrnimmt von der unsichtbaren Welt, der sie immer näher kommt.
Vielleicht wird am Ende des Lebens die Trennwand etwas durchlässiger, dass man den Heimatklang schon hören kann. Vielleicht wird meine Mutter langsam taub für diese Welt, aber sie wird hörend für eine kommende Welt. 
Ich hoffe so sehr, dass wir meine Mutter noch eine ganze Weile hier bei uns haben. So sehr.  Aber ich sehe auch, wie ihre Sehnsucht nach dem Himmel zunimmt. 
Und so lehrt mich meine gute Mutter, die so viel erlebt hat und mir so vieles beigebracht hat, nun noch etwas darüber, wozu ein Leben reifen kann, das sich Jesus anvertraut hat: Die Stimmen der Welt werden leiser, dimmen aus, wie Geräusche die bald nicht mehr so wichtig sind, und der Klang aus unserer ewigen Heimat fängt an unser Herz zu erfüllen.

Wir kommen nach dem Tagesausflug wieder im lauten Leben an. Vieles dringt wieder auf mich ein. Ein Gewirr von Stimmen kämpft wieder um meine Aufmerksamkeit, fordern beachtet zu werden, versuchen mich zu drängen und mir zu sagen wie wichtig sie sind... 
Aber ich höre auch diese leise, freundliche Stimme, die eine Realität mitbringt, aus einer bleibenden, zukünftigen Welt. Wenn ich auf sie höre, dann tritt vieles plötzlich in den Hintergrund. Ich sehe plötzlich ein wenig klarer was wichtig ist und was ich loslassen kann. 

Ich liebe diese Welt, die Schönheit der Schöpfung die uns umgibt, so viel Gutes...
Aber manchmal schwingt in der Stimme von Jesus der Klang meiner Heimat und dann sehe ich es vor mir, wie es sein wird wenn wir dort ankommen, wenn Jesus an der Tür steht um uns in die Arme zu schließen, wenn alles gut wird, alles heil wird... und mein Herz füllt sich mit unbändiger Vorfreude. 

2 Kommentare:

  1. Das ist das Allerschoenste, was ich seit langem gelesen habe...! Wie wunderbar troestlich! Ich bin total beruehrt von dem, was Du ueber Deine Mutter schreibst. Und ich glaube bestimmt, dass sie den Klang des Himmels hoert. Wunder, wunderschoen. Danke, dass Du das mit uns teilst. Gott ist so gut!!
    Liebe Gruesse, Barbara

    AntwortenLöschen
  2. Hallo Chrissi;),

    das hast du wirklich ganz wunderschön geschrieben. Vor allem die Sätze mit der Heimat und deiner Mama.
    Ja, ich glaube so ist es wirklich, bei deiner Mama.
    Ich wünsche dir auch, dass du noch lange immer wieder in den Schwarzwald fahren darfst, deine Mama dich/euch empfängt, doch wie gut zu wissen, wo sie irgendwann einmal Heimat finden wird!

    LG Nic

    AntwortenLöschen